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Schülerrezension "Der Sturm" - Theater an der KGST


Schülerrezension zum Theaterstück "Der Sturm", aufgegführt von der Oberstufen-Theater-AG. Verfasst von Nelio Stelli. 


„Was machen die Tik-Toker hier?" Das klingt erstmal nicht nach Shakespeare. Außer man war dabei, als die Theater-AG der Klaus-Groth-Schule Tornesch am 22. Mai (Premiere am 19. Mai) ihr eingeübtes Stück für dieses Jahr aufführte. Die Schüler/innen haben sich für eine moderne Interpretation von William Shakespeares „Der Sturm" entschieden. Die Komödie wurde als vermutlich letztes Werk Shakespeares 1611 fertiggestellt. Insgesamt dreimal hat die AG das Stück aufgeführt. Diese Kritik wird sich aber auf die dritte und letzte Darbietung konzentrieren, die anderen beiden dienen gelegentlich als Vergleich. Die Regie führten Gundula Kuik und Kerstin Schlewitt, mit Assistenz von Hannah Schlewitt. Für den Aufbau war Tom Schlewitt verantwortlich.
Der moderne Anstrich des Stücks wurde schnell offensichtlich. Die Aufführung begann mit vier Darstellern die, vermutlich noch unabhängig von ihrer Rolle, mit Skates und Tretrollern durch die Reihen fuhren. Dazu wurde „Walking on Sunshine" von Katrina & The Waves gespielt. Nach dieser ersten Einlage wurde die Aufmerksamkeit der Zuschauer erstmalig auf die Bühne gerichtet und die Exposition des Stückes, präsentiert von zwei Erzählerinnen (Emilia Storjohann & Cleide Americano), führte den Zuschauer in die klassische Rahmenhandlung des Originalwerks ein. In einer Welt voller Zauber (die Darstellungsform dieser ist hier Musik), lebte im Süden auf einer Insel die Hexe Sykorax (Benjamin Klose). Auf besagter Insel spielt die Handlung, die nach dem erzählten Tod der Hexe und der Machtübernahme ihres Sohnes Caliban (Leonie Penz & Lani Kischel) einsetzte. Die weiteren Figuren Zauberin und Königin von Mailand Prospera (Lea Nehls), ihre Tochter Miranda (Lara Storjohann) wurden eingeführt. Sie strandeten nach dem Verrat des Königinnenbruders Antonio (Jonas Wilimzig) auf der Insel und fanden sich mit ihrem Schicksal ab. Prospera übernahm die Macht von Hexenbrut Caliban und befreite den Luftgeist Ariel (Rim Joundoul & Matilda Lisa Cole), welcher von der Hexe gefangen gehalten wurde. Zwölf Jahre nach der ersten Strandung fuhr ein weiteres Schiff vorbei, an Bord waren Antonio, König von Neapel, und Fußballtrainer Alonso (Mats Lasse Wolf), Königssohn, und Profifußballer Ferdinand (Sönke Kahl), Priester Sebastian (Jan Adomat) und die beiden Influencer Trinculo und Stephana (Pit Bergmann & Joana Köster). Sie strandeten nach einem, von Ariel beschworenen Sturm, ebenfalls auf der Insel. Während der König und seine zwei Gefolgsleute den verschollenen Königssohn suchten, trafen die Influencer (auch als Tik-Toker bezeichnet) auf Caliban. In beiden Gruppen wuchs der Wunsch nach Macht, Antonio drängte Sebastian zum Königsmord und Stephana und Trinculo ließen sich von Caliban zur Usurpation und Stürzung Prosperas verleiten. Der Königssohn hatte den Schiffbruch ebenfalls überlebt und traf auf Miranda. Die beiden verliebten sich im Laufe von Aufräumaktionen ineinander und bekamen von Prospera ihren Segen. Währenddessen verfielen die beiden Gruppen ihrer Gier. Die Influencer plünderten Prosperas Kleider und der König und sein Gefolge wurden im Hungerwahn von Täuschungen des Luftgeistes Ariel hereingelegt. Dieser konfrontierte sie mit ihrer Schuld und verfluchte sie zu Fata Morgana ähnlichen Illusionen. Prospera ließ Ariel alle zusammenfinden und die Konflikte lösten sich, wie es für eine Komödie üblich ist, nach Entschuldigungen und Vergebungen auf. Alonso gab das von Prospera gestohlene Mailand zurück und war erleichtert seinen Sohn zu sehen. Sebastian und Antonio wurde vergeben, die Influencer ließen von ihren Plänen ab und Ariel wurde in die Freiheit entlassen. Die gesamte Inselbevölkerung (einschließlich Caliban) verließ die Insel und die Luftgeister genossen ihre Ruhe. Die Aufführung wurde ähnlich einem Cliffhanger mit der angedeuteten Rückkehr Sykorax beendet.


Die Kulisse wurde schlicht gestaltet. Abgesehen von der Konstruktion aus geraden und schrägen Bühnenelementen dienten während der Aufführung eingebrachte Elemente als Kulisse. So wurden zu den Rollen passende Requisiten auf die Bühne gebracht, z.B. ein Kreuz (Priester Sebastian), Sportutensilien (König Alonso) oder ein Koffer voller Kleider (Prospera). Ein Absperrband als Indikator einer Bühne und ein roter Teppich gegen Ende der Aufführung dienten als einzige Indikatoren einer räumlichen Veränderung der Geschehnisse.


Die Kostüme waren passend zu den modernen Adaptionen der Rollen gewählt. Vor allem haben der goldene Anzug Antonios, das glitzernde Kleid Prosperas und die Outfits der Ariel-Darstellerinnen herausgestochen. Letztgenannte bestanden aus einer schlichten Latzhose, aber auch aus glitzernden Streifen, die das Dasein als Luftgeist unterstrichen. Die Musikauswahl war relativ vielseitig, aber vor allem klug eingesetzt. Abgesehen von „Walking on Sunshine" hatte jede Gruppe oder Rolle eine Art Erkennungsmusik. Ariels Auftritt oder Erscheinen wurde häufig mit Cyndi Laupers „Girl just want to have fun" untermalt, während der König mit Gefolgschaft zu The Cranberries „Zombie" die Bühne betraten und die Influencer zu „Riders on the Storm" von The Doors strandeten. (Stephanas charakteristische Schilderung sie sei auf einem Fass über die Wellen „geritten" ist ein erwähnenswerter Satz, wenn man ihn im Kontext des Songtitels setzt.) Der Königssohn hingegen wurde zu dem weniger brachial klingenden „Here comes the sun" von The Beatles an Land gespült. Die Songauswahl hatte einen nicht unerheblichen Teil zum humoristischen Effekt der Aufführung beigetragen.


Die Stimmung insgesamt war sehr gut. Die dritte Vorstellung war dem Anschein nach ähnlich gut besucht wie die Premiere, aber von einem deutlich motivierteren Publikum. Während eines Songs wurde rhythmisch geklatscht, es wurde häufiger und stärker gelacht und auch der Applaus fiel, zumindest gefühlt, kräftiger aus.
Dieser war angemessen, denn auch die Leistung der Darsteller war am dritten Tag größtenteils auf ihrem Hoch. Sah man alle drei Vorstellungen, konnte man bei einigen Darstellern eine steigende Kurve bezüglich der erbrachten Leistung erkennen. Sie waren merklich selbstbewusster und sicherer. Expressionen waren klarer und der Text wurde mit jedem Mal weniger monoton performt.
Erwähnenswert ist hier auf jeden Fall die Rolle des Ferdinand, welche bereits gut gestartet war, aber nun noch mehr Charakter bekommen hat. Die Rolle des Trinculo hingegen war bei der dritten Vorstellung klarer in den Szenen, in denen merklich improvisiert wurde. Die Szene der Strandung ist ein gutes Beispiel. In den ersten beiden Vorstellungen wurde noch etwas zu wirr und unverständlich mit zu vielen Wiederholungen das Klischee eines Influencers gemimt. Das war zuletzt viel sicherer und überlegter. Insgesamt waren die kleinen Abweichungen im Text oder Timing, welche dem Einmalzuschauer eher nicht aufgefallen wären, in der letzten Vorstellung am besten. Ohne sonderliche Entwicklung, aber von Anfang an wirklich gut waren z.B. die Rolle des Alonso, der die Verzweiflung und spätere Erleichterung glaubhaft darstellen konnte, die Rolle der Miranda, welche ohne große Theatralik einen sehr passenden Ton für jede ihrer Szenen findet, die Rolle der Stephana, mit einer umhauenden Bühnenpräsenz und die Doppelrolle des Ariel, welche trotz der Herausforderung einen Text auf zwei Darsteller zu verteilen, eine sehr angenehme Dynamik bekommen hat. Diese Dynamik hat sie quasi zu einem zweiten Erzählerduo gemacht und somit einen roten Faden durch die Geschichte gezogen. Das war gut, da die eigentlichen Erzähler nur am Anfang und am Ende präsent waren. Auch die Rolle des Calibans wurde in einer Doppelbesetzung aufgeführt und hat sich trotz dessen großartig in die Szenen eingefügt. Damit gemeint ist, dass auf der Bühne stets eine Doppelkonstellation zu sehen war. Nie (bis auf den Cliffhanger, wenn man es genau nimmt) war nur eine einzelne Person auf der Bühne. Entweder waren es beide Ariel-Darsteller oder die beiden Caliban oder auch nur beide Erzähler. In den Szenen, in denen sich Gegenspieler gegenüberstanden, war meistens ein ähnliches Kräfteverhältnis gegeben. Wenn der Caliban auf Prospera und Miranda trafen, standen sich zwei Duos gegenüber. Wenn sie auf die Influencer trafen, genauso. Einzig wenn der König und seine Gefolgsleute auftraten, brach diese Regelmäßigkeit, sowie natürlich in den Szenen, in denen alle Gruppen aufeinandertrafen. Durch die Doppelbesetzung des Calibans hat sich diese Semi-Kontinuität fortgesetzt. Die Rolle der Prospera hatte eine ganz natürliche Bühnenpräsenz und war stets überzeugend der Mittelpunkt ihrer Szenen, auch wenn manchmal das Timing nicht ganz perfekt war und der Text zu spät kam. Allerdings verschmerzbar, da die Rolle für sich alleine gut und ohne viel Aufregung funktioniert hat.


Um diese Kritik in ihrer Subjektivität immer noch ehrlich zu halten, muss man aber auch erwähnen, dass manchmal das Zusammenspiel und die Geschwindigkeit einzelner Abläufe nicht ganz funktioniert hat und aus dem eigentlich guten Flow gekommen ist.
Ein eher unwichtiges Beispiel ist dabei die Reaktion Antonios, nachdem der König seinen ersten emotionalen Zusammenbruch erlitt. Antonio schließt in aller Seelenruhe seinen Koffer mit einem betonten Klacken, steht auf und greift den König plötzlich mit Kraft am Kragen und redet eindringlich auf ihn ein. Das wirkt unnatürlich. Während das Schließen und Aufstehen ruhig und unaufgeregt war, ist das anschließende Einreden auf den König zu gereizt. Deutlich auffälliger hingegen war die unterschiedliche „Range" der Darsteller. Insbesondere in Szenen, in denen zwei Charaktere aufeinander eingeredet haben, war manchmal eine Diskrepanz der Dramaturgie zu sehen, beispielsweise die unterschiedlich starken Reaktionen der Caliban-Darsteller auf die Inbesitznahme ihrer Insel oder das Entsetzen Mirandas auf den Sturm des Luftgeistes Ariel und die anschließend etwas nüchterne Reaktion Prosperas auf Mirandas Missfallen. Das war nicht unbedingt schädlich für die einzelnen Rollen, welche allein für sich so gut funktionierten, aber die Beziehung der beiden Charaktere zueinander war schwerer zu glauben. Das genaue Gegenteil war zwischen Stephana und Trinculo der Fall, welche sich durchgehend gegenseitig in ihrer Energie überboten haben und somit ihre Rolle und das Klischee, auf dessen sie aufgebaut ist, vervollständigt haben.
Ein anderer Moment, in dem die Geschwindigkeit ein bisschen „off" war, bildete die abschließende Szene, in der die Charaktere gemeinsam abreisten. Alonso tritt hervor und deutet in Richtung des Mondes, welcher hochgehalten wird. In diesem Moment ist die Darstellung erst unklar, bis verständlich wird, dass die Charaktere tatsächlich in Richtung des Mondes reisen wollen.


Der Fairness halber, wäre es unpassend, die Rollenbesetzung hinsichtlich der Geschlechtervertauschung zu kritisieren, weil das bei einem Schultheater selbstverständlich schwer passend zu besetzen ist. Allerdings waren die gefundenen Lösungen zumindest etwas inkonsistent. Denn die Rolle des Prospera beispielsweise entschied man sich weiblich zu machen. Die Rolle der Caliban hingegen (hier auch weiblich besetzt) wurde in den wenigen Textpassagen, welche zumindest nach dem Original klingen (das waren vor allem die des Luftgeistes Ariel), mit dem männlichen Pronomen angesprochen, auch wenn stets von DEN Caliban die Rede war. Allerdings bezeichnete der Luftgeist die Rolle als den Sohn der Hexe. Zudem wurde eben diese Hexe in ihrer Rolle nicht verändert, aber war männlich besetzt. Keine der genannten Lösungen ist schlecht, aber alle gemeinsam wirkten manchmal ein bisschen verwirrend, wenn der Zuschauer versuchte sich auf eine Lösung einzustellen.


Bis jetzt unterschlagen wurden allerdings noch einige erwähnenswerte kreative Einfälle. Einer davon war das mehrmalige Aufspannen eines schwarzen Lakens. Zwischendurch wurde als visuelle Darstellung der Exposition eine Art Puppenspiel mit selbstgezeichneten Papierfiguren aufgeführt. Jeder Darsteller hatte somit noch einen zusätzlichen Part, abseits seiner Rolle. Dieses Mittel wurde bei jeder Erwähnung einer Schifffahrt verwendet (Prosperas Schiffbruch, Alonsos Schiffbruch und die Abreise).
Man wurde häufiger kreativ mit dem mehrfachen Auftreten von Darstellern in anderen Funktionen. So gab es eine Backgroundunterstützung bei einer Performance Prosperas, dem Aufreihen von Täuschungen Ariels (Köstlichkeiten für die verhungernden Alonso, Antonio und Sebastian), welche offensichtlich auch selbstgebastelt wurden. Aber auch eine Darstellung des Sturmes, der den König durch den Einsatz eines Loopers auf die Insel brachte. Also ein Gerät, welches einen Ton aufnimmt und wiederholt abspielt. Jeder in dem Moment unbenötigte Darsteller trat an ein Mikrofon, pustete hinein und simulierte wie vom Wind über die Bühne getragen zu werden. Ein kreativer Einfall, als Ersatz für noch ein weiteres beliebiges Geräusch eines Sturms.


Subtiler und nur schwerer zu bemerkende Einfälle waren gelegentliche humoristische Ideen, wie das Umdrehen und nach hinten schauen Alonsos, nachdem er eine Allegorie zu seinem Schatten aufstellt (genauer Wortlaut ist leider nicht vorliegend beim Schreiben des Textes). Zusätzlich gab es auch einige offensichtlichere Witze, sozialkritischer und etwas plumperer Natur. Wie ein Vergleich von Staatsoberhäuptern wie z.B. Frankreichs oder Deutschlands mit Narren, sowie der Aussage wer sich „der Medien habe verschworen, der hat schon verloren" (originaler Wortlaut könnte abweichen). Doch auch diese hatten ihren Effekt und Charme, da sie so subtil wie möglich und authentisch in das eigentliche Geschehen eingefügt wurden. Schlussendlich, nachdem die Luftgeister wieder ihre Ruhe haben, erhebte sich vom hinteren Ende der Bühne die Hexe Sykorax erneut und der Vorhang fiel. Ein netter Einfall, der an moderne Cliffhanger erinnert, wie es ihn im Theater seltener gibt, aber in den modernen Zeitgeist passt. Dieser Zeitgeist war in der Aufführung durchgehend zu spüren.


Üblich wäre abschließend natürlich eine Warnung oder eine Empfehlung. Angesichts dessen, dass die Aufführungen der Theater-AG zeitlich limitiert sind, ist das jetzt nicht mehr möglich. Abgesehen von Matilda Lisa Cole und Jonas Wilimzig, welche Aufgrund ihres Abschlusses die AG verlassen, bleibt das Ensemble aber vollständig. Ein guter Grund sich nächstes Jahr für denselben Zeitraum im Kalender etwas Platz zu lassen.

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